Flüchtling, Asylant*in oder subsidiärer Schutz– die Unterschiede
An dieser Stelle möchte ich einige begriffliche Irrtümer aufklären, die es im Gesetzeswirrwarr des Asylrechts bis heute leider gibt und dem juristischem Laien oft nicht bekannt sind.
Ich würde zwar nicht behaupten, dass hier ein System dahinter steht, aber die Gesetzeslage (und Anzahl der verschiedenen Gesetzen und Verordnungen) macht es selbst Volljurist*inen, die keine Praxiserfahrung im Asylrecht haben, schwer, den Dschungel zu durchschauen. Und der bisherige politische Wille der CDU/CSU, Geflüchtete aus Deutschland fernzuhalten, ist unverkennbar und unser Handlungsbedarf als GRÜNE nach der nächsten Bundestagswahl entsprechend enorm.
Dabei gibt es so viele Helferkreise und Unterstützer*innen, die den Geflüchteten ehrenamtlich und mit riesigem Engagement helfen, aber ohne juristischen Beistand oft auf verlorenem Posten stehen.
Zunächst ist klarzustellen, dass die Asylberechtigung und die Flüchtlingseigenschaft von einander zu trennen sind. Die Asylberechtigung kann zwar mit der Flüchtlingseigenschaft einhergehen, umgekehrt ist dies jedoch gerade nicht der Fall. Gänzlich hiervon zu unterscheiden ist der sog. subsidiäre Schutz. Dieser Schutz gestattet den Aufenthalt nur für begrenzte Zeit, was Flüchtlingen oft überhaupt nicht bekannt ist.
1. Asyl
Der Anspruch auf Gewährung von Asyl ist gesetzlich als politisch verfolgt definiert (über Art. 16a GG).
Es gibt aber zwei zur Zeit oft noch unüberwindbare Hürden, die einer Gewährung von Asyl in Deutschland entgegenstehen, was der politische Wille des Gesetzgebers war und bis heute ist (und ab September 2021 nicht mehr haltbar sein darf!):
Kein Asyl wird gewährt, wenn die Geflüchteten
- nach § 29a AsylG aus einem sicheren Herkunftsstaat kommen
oder
- nach § 26a AsylG über einen sicheren Drittstaat nach Deutschland eingereist sind.
Die sog. „sicheren Herkunftsstaaten“ sind der Anlage II des AsylG zu entnehmen und immer wieder Gegenstand politischer Diskussionen. Weshalb z.B. Ghana als sicherer Herkunftsstaat angesehen wird, erschließt sich mir angesichts der katastrophalen Verhältnisse vor Ort nicht.
Und nun wird es absurd: ein sicherer Drittstaat ist jeder EU-Mitgliedsstaat einschließlich der Schweiz. Welche Asylant*innen reisen aber schon mit dem Flugzeug oder Schiff nach Deutschland?
Diese Umsetzung der sog. Dublin III Verordnung in nationales Recht (§ 26a AsylG) sollte es de facto Asylsuchenden unmöglich machen, in Deutschland erfolgreich einen Asylantrag zu stellen.
Die Flüchtlingskrise 2015 und 2016 hat aber gezeigt, dass die Dublin III Verordnung völlig versagt hat, da die Flüchtlinge nach der Gesetzeslage innerhalb von drei Monaten nach ihrer Ankunft in Deutschland in das zuerst eingereiste EU-Land hätten zurückgeschickt werden müssen.
2. Und nun zur Flüchtlingseigenschaft:
Der Status als Flüchtling wird dann in Deutschland anerkannt, wenn bei begründeter Furcht vor Verfolgung wegen
- ihrer/seiner Rasse (der Begriff ist sicherlich zeitlich überholt)
- Religion
- politischer Überzeugung
- Nationalität
- oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe im Heimatland keinen Schutz findet oder aus Verfolgungsgründen nicht in Anspruch nehmen kann.
Gesetzlich geregelt ist die Flüchtlingseigenschaft in § 3 Asylgesetz ff. (AsylG).
Diese Vorschrift und der Flüchtlingsbegriff selbst folgt wiederum aus Artikel 1 A Nr. 2 der GFK (Genfer Flüchtlingskonvention).
Wie geht es dann weiter?
Jetzt kommen wir ins Aufenthaltsgesetz (AufenthG). Bei Anerkennung der Flüchtlingseigenschaft besteht ein Anspruch auf eine dreijährige Aufenthaltserlaubnis, § 25 Abs. 1 Satz 2 AufenthG. Ändern sich die ursprünglichen Voraussetzungen in dieser Zeit nicht, kann eine Niederlassungserlaubnis beantragt werden.
Das alles, was ich gerade beschrieben habe, ist tatsächlich nur ein winziger Ausschnitt der Flüchtlings- und Asylgesetzgebung. Aber stellt euch doch bitte einmal vor, wie zum einen die Geflüchteten selbst und zum anderen die Hilfsorganisationen mit diesem juristischem Durcheinander klar kommen sollen – ich habe hier in der anwaltlichen Praxis nur allzu oft Ohnmacht gesehen.
Lasst uns den Geflüchteten daher eine Stimme geben, sie haben sonst keine.
Eine Aufgabe, die nicht in den ersten 100 Tagen an der Regierungsbeteiligung bewältigt werden kann, aber die notwendigen Änderungen liegen für uns Asylanwälte auf der Hand und wir haben die Verbesserungsvorschläge und Abschaffungsanträge in der Schublade!